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Berichte
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Darf’s ein bisschen mehr sein?

Bericht vom 05.01.2008

Eine gelungene Laufsaison jenseits von Marathon

Nachdem der Forstenrieder Volkslauf am 25. März dieses Jahres gut über die Bühne gegangen und bis Anfang April die meisten Nacharbeiten abgeschlossen waren, blieb mir auch wieder etwas mehr Zeit zum Trainieren.
Das war auch nötig, denn für Ende April hatte ich die Teilnahme an der Harzquerung geplant. (www.harzquerung.de) Dieser 51 km lange Landschaftslauf führt von Wernigerode am Nordrand des Harzes bis nach Nordhausen im Südharz. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich: Ständig wechseln Forststraßen, Wanderwege und kleine Pfade. Neben längeren Waldstrecken gibt es auch immer wieder offene Stücke, bei denen man den Blick in die Landschaft schweifen lassen kann. Für die 51 km und insgesamt 1300 Höhenmeter bei sonnigem Frühlingswetter benötigte ich mit 4:11 Std. zwar knapp 4 Minuten mehr als bei einer früheren Teilnahme, doch reichte es für den 9. Platz von 336 Teilnehmern im Ziel.
Mitte Mai war ich wieder als Mitorganisator und Streckenmarkierer beim 4. Isarrun tätig (www.isarrun.com). Die ersten drei Etappen dieses 328 km langen Etappenlaufes von Plattling bis Wolfratshausen markierte ich meist per Fahrrad und zum Teil laufend. Die vierte und fünfte Etappe von Wolfratshausen bis Scharnitz absolvierte ich als Trainingslauf. So kamen in einer Woche auch 150 Lauf- und 250 Radkilometer zusammen.

Ultramarathon laufen kann sehr viel Spaß machen, die dafür nötigen langen Trainingseinheiten sind aber häufig langweilig. Deshalb laufen viele Ultramarathonläufer unter der Woche recht wenig und halten sich durch häufigere Starts bei Wettkämpfen am Wochenende fit. Ähnlich ging es mir Mitte Juni, als ich noch eine längere Trainingseinheit benötigte, aber keine Lust hatte, diese alleine zu absolvieren. Ein Blick in den Veranstaltungskalender zeigte, dass es in Fellbach bei Stuttgart einen 6-Stundenlauf gab. Kurzentschlossen packte ich am Freitagabend meine Laufsachen, fuhr samstags in der Früh nach Fellbach, meldete eine halbe Stunde vor dem Start nach und drehte dann sechs Stunden lang meine Runden. Damit es nicht langweilig wurde, liefen auf der Strecke neben den 23 Sechsstundenläufern noch 26 Zwölfstundenläufer, die bereits 2 Stunden früher gestartet waren, sowie 16 Staffeln, die sich pro Runde abwechselten. Die etwa 2100 m lange Strecke führte über asphaltierte Feldwege rund um das Stadion in Fellbach-Schmiden mit Blick auf die Hügel und Weinberge des Neckartals meiner Heimatstadt Stuttgart, wo ich vor 25 Jahren meine ersten Läufe absolvierte. Einmal pro Runde ging es durch das Stadion, in dem ich bereits als Jugendlicher an Mittelstreckenläufen auf der Bahn teilgenommen hatte. Doch dabei ist meist nach 5 Runden Schluss. Damals habe ich mir nicht träumen lassen, dass ich einmal so viele Runden hier drehen würde.
Vorgenommen hatte ich mir 36 Runden und die ersten fünf Stunden lief ich auch gleichmäßig wie ein Uhrwerk im Zehn-Minutentakt an den Rundenzählern vorbei. In der letzten Stunde musste ich dann dem warmen Wetter Tribut zollen und die Rundenzeiten erhöhten sich auf etwa 11 Minuten. Nach etwas mehr als 35,5 Runden hörte ich den Knall, der das Ende der 6 Stunden signalisierte und blieb stehen. Die Kampfrichter kamen und markierten für jeden Läufer die Stelle, die dann mittels Messrad vermessen wurde. Für mich kamen so 74,351 km zusammen. Obwohl mich ein Konkurrent bereits nach 10 Runden einmal überrundet hatte, bedeutete dies den ersten Platz, da dieser andere Läufer wegen seines hohen Anfangstempo später Magenprobleme bekam und einige Zeit aussetzen musste.
Man kann es schon als Ironie des Schicksals bezeichnen, dass ausgerechnet ich als bekennender Landschaftsläufer, der sich immer gegen das „stupide“ Rundenlaufen gewehrt hat, hier den ersten Sieg in meiner 25jährigen Marathon- und Ultralaufkarriere erreichte.

Zwei Wochen später stand mit dem Alpinmarathon/Grenzstaffellauf in Veitsch/Steiermark wieder ein Lauf auf dem Programm, der von Strecke und Profil mehr meinem Geschmack entsprach. (www.veitsch.at) Dabei geht es auf kleinen Wegen und Pfaden 56 km und 2300 Höhenmeter entlang der Gemeindegrenze der Gemeinde Veitsch. Als höchster Punkt ist dabei auch der 1900 m hohe Gipfel der Hohen Veitsch zu überwinden. Vom Gipfel geht es erst auf einem Hochplateau mit guter Sicht in die Steirischen Alpen dahin. Der folgende Abstieg durch Latschenfelder und schmale verwurzelte Steige erfordert gämsengleiche Fertigkeiten. Im letzten Drittel geht es laut Höhenprofil eigentlich nur noch abwärts, doch wer sich darauf verlässt wird durch viele kleine Wellen und Gegenanstiege böse überrascht. Da ich die Strecke von früheren Teilnahmen kannte, sparte ich im ersten Teil meine Kraft und konnte im Abstieg noch 5 Läufer überholen, was nach 4:42 Std. mit dem 4. Platz von 108 Teilnehmern belohnt wurde.

Eine Woche später war ich schon wieder in dieser Gegend, aber diesmal mit dem MTB unterwegs. Mit zwei Freunden fuhr ich in 7 Tagen von Wien bis Radstadt durch Wienerwald und Tauern. Nach einem Ruhetag zuhause startete ich dann am 14. Juli beim Chiemgauer Hunderter in Ruhpolding (www.chiemgauer100.de). Mit am Start in der Dunkelheit um 5 Uhr standen noch knapp 70 weitere Verrückte, die versuchen wollten, bis zum Zielschluss um 23 Uhr 100km und 4400 Hm zurückzulegen. Den Auftakt machte eine erste kleine Schleife in Richtung Inzell. Mit dem wunderschönen Sonnenaufgang kündigte sich ein heißer Sommertag an, nachdem wir in den Tagen zuvor während der Radtour mit Kälte, Schnee und Regen zu kämpfen hatten. Nach 26km kam man wieder durch das Stadion Ruhpolding, wo sich die erste Verpflegungsstation befand. Von dort wurden wir in einer großen Schleife über Unternberg, Hörndlwand und Hochstatt erst um den Hochfelln herum und dann auf ihn hinauf geführt. Leider waren sowohl die An- wie die Abstiege so steil und schwierig, dass weite Strecken nicht mehr laufend sondern nur gehend zu bewältigen waren. Nach 81 km erreichte ich schließlich den Hochfelln-Gipfel. Bei der Verpflegungsstelle oben brauchte ich erst mal eine Cola, nachdem beim Anstieg mein Blutzuckerspiegel stark abgesunken war. Nach einem letzten steilen Abstieg durch Latschenfelder und flacheren Passagen über Forststraßen erreichte ich schließlich kurz vor Sonnenuntergang wieder das Stadion in Ruhpolding. Mit 15:17 Std. und Platz 14 von 30 lag die Platzierung diesmal nur im Mittelfeld, doch ist zu bemerken, dass weniger als die Hälfte der Starter über die volle Distanz gewertet wurden. Die anderen mussten nach 66 bzw. 80 km eine Abkürzung ins Ziel nehmen. Für mich war dies der zeitmäßig längste Lauf meiner bisherigen Laufbahn und vom Gefühl her doch ein wenig zu lang. Aber man muss auch mal an seine Grenzen gehen, um herauszufinden, wo diese liegen.

Zwei Wochen später stand dann mit dem Swiss Alpine Marathon in Davos mein absoluter Lieblingslauf auf dem Programm (www.alpine-davos.ch). Meine zehnte Teilnahme in 20 Jahren bei diesem Lauffest in den Bergen um Davos spricht für sich. Diese Veranstaltung bietet hochalpine Landschaft, viele Zuschauer, tolle Stimmung und perfekte Organisation. Im Gegensatz zu anderen Ultramarathonveranstaltungen, bei denen einige Dutzend Läufer unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch die Gegend rennen, ist hier soviel los wie bei einem großen Stadtmarathon. Neben der großen Strecke (78,5km, 2300 Hm) mit gut 1000 Startern gibt es noch zwei Marathonstrecken, einen 28km Lauf und einen Halbmarathon, so dass am Lauftag weit über 5000 Menschen in der Region Davos auf den Beinen sind. Und Ziel für alle Läufe ist im Stadion Davos. Nachdem ich die große Runde von Davos über Wiesen, Filisur, Bergün, Keschhütte (2650m) und Scalettapass wieder bis zurück nach Davos zurückgelegt hatte, saß ich noch bis zum Zielschluss im Stadion in der Sonne und beobachtet den Zieleinlauf, der anderen Läufer. Darunter waren auch Dutzende bekannte Gesichter, die ich von anderen Ultraläufen in Deutschland kannte. Da der Kurs recht gut laufbar ist, war ich mit 7:47 Std. (Platz 52 von 922) auf der 21 % kürzeren Strecke nur halb solange unterwegs wie beim Chiemgauer 100er.

Im August war erst mal Erholung und dann Aufbau für den Saisonhöhepunkt angesagt, den Gore-tex Transalpine Run (www.transalpine-run.com): Vom 1. bis zum 8. September liefen mein Laufpartner Frank Stephan und ich von Oberstdorf in Deutschland über Steeg im Lechtal, St. Anton am Arlberg, Galtür, Scuol im Unterengadin, Mals, Schlanders nach Latsch im Vinschgau. Dabei legten wir als eines von 164 Teams 233 km und 13200 Höhenmeter in 8 Etappen über die Alpen zurück. Bei diesem Lauf kann man nur als Zweierteam starten und beide Partner müssen immer gemeinsam unterwegs sein und jeder eine Mindestausrüstung (Regenjacke, lange Hose, Handschuhe, Mütze, Notfallset) mitführen. Täglich standen zwischen 27 und 36 km mit etwa 1800 Höhenmetern bergauf und bergab auf dem Programm, die wir in 3 bis 5 Stunden bewältigten. Technisch war alles vorhanden, von einfachen breiten Forststraßen über Wanderwege bis hin zu alpinen Steigen mit kurzen versicherten Passagen oder weglosen Geröllfeldern. Dies erfordert nicht nur Ausdauer sondern auch Trittsicherheit, Mut, Geschicklichkeit und Reaktionsschnelligkeit. All diese Eigenschaften machen einen Berglauf für mich um so vieles interessanter als einen flachen Marathon.
Dieser Lauf war sehr international besetzt mit zahlreichen sehr guten Bergläufern aus Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz, aber auch aus Großbritannien, USA, Spanien, Venezuela und 20 weiteren Nationen. Mit einem Regentag und drei Tagen mit Schneefall machte der Lauf seinem Titelsponsor alle Ehre. Es war wirklich Gore-tex Wetter und die wasserdichte Membran in Schuhen und Bekleidung machte das Läuferleben doch um vieles erträglicher. Der Lauf im Schneetreiben über den 2768m hohen Futschölpass von Galtür ins Engadin oder durch die vereiste Uina-Schlucht wird mir als eine großartige Erinnerung im Gedächtnis bleiben. Ebenso der fast senkrechte Anstieg zur 3012m hohen Rappenscharte bei Sonne und Schnee.
Mit einer recht gleichmäßigen Leistung und insgesamt 28:58 Std. erreichten wir den 10. Platz in der Gesamtwertung, nachdem einige starke Teams vor uns wegen Stürzen, Verletzungen und Überanstrengung ausgeschieden waren. Die Kunst eines Etappenlaufes liegt darin, den schmalen optimalen Leistungsbereich zwischen Überforderung und Unterforderung zu finden. War man zu schnell, dann dauert die Regeneration länger als bis zum erneuten Start am nächsten Morgen und der Körper holt sich seine Ruhephasen. Auch ich musste anderthalb Etappen wegen Magenproblemen langsamer laufen. War man hingegen zu vorsichtig, dann hat man am Ende noch Kraftreserven, die in eine bessere Endzeit hätten fließen können.
Auf jeden Fall war der Lauf für alle Teilnehmer ein großes Abenteuer. Nicht nur topografisch sondern auch meteorologisch und physisch konnte man auf diesem Lauf alle Höhen und Tiefen durchleben.

Nach zwei Wochen Erholung dachte ich dann mal wieder an ein kleines Läufchen und da kam der Wendelsteinberglauf mit 8km und 950 Höhenmetern gerade recht. Der Lauf startete bei Bayrischzell am Fuße der Bergbahn und führte in einer großen Schleife bis zur Bergstation, die ca. 80 Hm unter dem Gipfel liegt. Mit gemittelt 12% Steigung hörte sich das ja ganz gut und laufbar an. Allerdings geht’s auf den ersten 3 Kilometern nur mäßig steigend dahin, so dass es in der zweiten Hälfte doch recht steil wurde. Im Flachen hängte ich mich an die erste Verfolgergruppe, war aber wohl doch etwas zu schnell angegangen, so dass ich im Verlauf des Anstiegs zu kämpfen hatte. Die Markierungen fehlten auch stellenweise, so dass bei einigen umgestürzten Bäumen der Berglauf zu einem Crosslauf auf der Suche nach dem besten Weg wurde. Den habe ich wohl nicht ganz getroffen, denn in einem Schlammloch sank ich mal kurz bis über Knöchel ein und war froh, dass beim Rausziehen der Schuh noch am Fuß war. Mit 59:46 Min. und Platz 7 von 73 Teilnehmern blieb ich noch ganz knapp unter einer Stunde und nur vier Minuten hinter der Spitzengruppe, die sich aber schon anfangs verlaufen hatte und erst spät an mir vorbeizogen. Im Gegensatz zu allen bisherigen Bergläufen war diesmal das Ziel oben und ich konnte endlich mal in aller Ruhe an diesem sonnigen und warmen Herbsttag die Aussicht von der Plattform des Wendelsteinhauses genießen. Vom Großglockner bis zum Karwendel lag das ganze Alpenpanorama vor mir. Da die Talfahrt mit der Bahn im Startgeld inbegriffen war, ging’s sogar noch schneller runter als sonst.

Per Zufall machte mich ein Kollege auf den ersten Walchenseelauf Ende September aufmerksam. (www.walchensee-lauf.de) Allerdings täuscht der Name ein bisschen. Dabei geht es nicht um den See sondern von Wallgau ins Eschenlainetal, dann über Heimgarten und Herzogstand zum Ziel am See. Insgesamt 34 km und 1600 Hm. Beide Berge liegen quasi in Sichtweite meiner Arbeitstätte und dienten mir schon öfters als Trainingsgebiet für Bergläufe, so dass ich sofort beschloss dort zu starten, falls das Wetter halbwegs ordentlich sein sollte. Zwei Tage zuvor gab es noch einen Kälteeinbruch mit starken Niederschlägen und Schnee bis 1500 m herab, doch am Wochenende war es heiter bis sonnig, so dass ich keine Ausreden hatte. In Wallgau machte sich ein kleines Häufchen Läufer auf den Weg. Am Ortsende liefen die meisten gerade weiter, sie gehörten zum 12 km Lauf, der auf direktem Weg bis an den Walchensee führt. Nur 15 bogen links ab Richtung Simetsberg. Im gemäßigten Tempo lief ich, von Beginn an zweiter Stelle liegend, über den ersten Pass ins Eschenlainetal. Am Anstieg zum Heimgarten überholte ich den bis dahin Führenden und konnte meine Vorsprung bald ausbauen. Am Gipfel des Heimgarten war auch der Schnee schon weitgehend abgetaut. Der Grat war weder durch Schnee noch durch Wanderer blockiert und laufbar bis auf einige ganz kurze Kletterpassagen. Am Herzogstand wurden die Wanderer dann häufiger und der schmalen Steig bergab vom Herzogstandhaus an den Walchensee war es ziemlich voll, ich hab die ganze Zeit nur "Vorsicht!" gerufen und verschreckte Wanderer hinterlassen. Nach 3:31 Std. lief ich als erster am See ins Ziel ein, 12 Minuten vor dem Nächsten. Insgesamt ein sowohl landschaftlich wie organisatorisch empfehlenswerter Lauf

Zum Ausklang stehen im Oktober noch zwei Läufe auf dem Programm, bevor im November die wohlverdiente Ruhephase ansteht: Mitte Oktober der Brockenmarathon, der von Wernigerode in einer großen Runde auf den mit 1142 m höchsten Gipfel im Harz und wieder zurück führt. Laut Ausschreibung Norddeutschlands schwerster Marathon.
Ende Oktober gibt es dann die Deutsche Meisterschaft im Cross- und Landschaftslauf auf einer 63 km langen hügeligen Runde beim Remscheider Röntgenlauf durchs Bergische Land.

Jürgen Schoch